Gold­en Blossoms

Freie Arbeit

Beschreibung

Das Son­ntags­ge­wandge­fühl ist uns dank fast unendlich­er Kom­bi­na­tion­s­möglichkeit­en unser­er zahlre­ichen, in Massen­pro­duk­tion hergestell­ten, mehr oder weniger modis­chen Klei­dungsstücke abhan­den gekom­men. Fest- und Son­ntage unter­schei­den sich von nor­malen Wochen­t­a­gen klei­dung­stech­nisch kaum. Ganz anders bei den Gold­hauben­frauen, wenn sie an hohen kirch­lichen Feierta­gen ihre Tra­cht anle­gen. Kleid, spezielle Schmuck, je nach Tra­di­tion weiße Hand­schuhe, Beu­tel, Gebets­büch­lein, Rosenkranz, ein Blu­men­strauß aus dem eige­nen Garten und schließlich die Gold­haube, die schwarze Perl­haube oder das Kopf­tuch ergeben ein Gesamt­bild, das dem Tag und der Trägerin eine beson­dere Atmo­sphäre jen­seits des All­t­ags ver­lei­ht. Auf den ersten Blick erscheint diese Tra­cht im Korsett ein­er stren­gen Tra­di­tion. Bei näher­er Betra­ch­tung erken­nt man den Spiel­raum für viele Details in Schnitt, Farbe, Form und Machart. Es entste­ht Vielfalt in der Ein­heit, Indi­vid­u­al­ität in der Kon­for­mität. Alle Klei­dungsstücke weisen hohes schnei­der­handw­erk­lich­es Kön­nen auf und sind Zeu­gen der großen Geduld der Her­stel­lerin­nen. Detail­ver­liebtheit und Genauigkeit sind die Voraus­set­zun­gen für solch ein Meis­ter­w­erk. Alleine an der Her­stel­lung ihrer Gold­hauben arbeit­en die Frauen über 300 Stun­den. In den 434 öster­re­ichis­chen Gold­hauben­grup­pen wird das tra­di­tionelle Wis­sen weit­ergegeben und wertvolle Tipps und Tricks ver­mit­telt. So ungewöhn­lich das Tra­gen ein­er Tra­cht heutzu­tage ist, so selb­stver­ständlich wirken die ca. 60 Trägerin­nen auf den über 100 Fotografien der Por­trait­serie Gold­en Blos­soms. Als Fotograf konzen­tri­erte ich mich auf ein aus­ge­wo­genes Ver­hält­nis von Insze­nierung und Authen­tiz­ität. Im Zen­trum dieses Span­nungs­felds standen die Pro­tag­o­nistin­nen mit ihren indi­vidu­ellen Eigen­schafen, Vor­lieben und Entschei­dun­gen. Die reduzierte Umge­bung die schlichte Licht­führung unter­stre­ichen die Bedeu­tung der Dargestell­ten. Der Anspruch viel­er Fotografen, dass ein Porträt die Per­sön­lichkeit, die Seele ein­er Per­son ein­fan­gen sollte, trifft in gewiss­er Weise auch auf die Gold­hauben­trägerin­nen zu, geht jedoch nur so weit, wie diese einen Ein­blick in ihr Inneres zuließen. Infor­ma­tio­nen über ihren Charak­ter bleiben vage oder ver­bor­gen. Lediglich ihr Stolz auf die Tra­cht und die Würde, die durch die beson­dere Klei­dung unter­strichen wird, kom­men zum Vorschein. Die Blick­rich­tung der Frauen – üblicher­weise die Bindung zwis­chen Betra­chter und Dargestell­tem – vari­iert. Zurück­hal­tend und doch präsent, skep­tisch, streng, fre­undlich, ehrlich, unab­hängig, vor allem aber selb­st­be­wusst blick­en die Damen in und neben die Kam­era. Ihre tra­di­tionelle Klei­dung lässt vor­erst auch auf kon­ven­tionelle ver­gan­gene Frauen­rollen schließen, ihr Aus­druck und ihre Hal­tung aber zeigen ihre Präsenz in der Gegen­wart, eigen­ständig, sozial ver­net­zt – im besten Sinn emanzipiert.